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PODIUMSDISKUSSION

WIE GEHT ES WEITER MIT DER »GENERATION PRAKTIKUM«?

3. Mai 2006, Aula der Alten Nikolaischule in Leipzig

Unbezahlte Praktika, betriebliche Ausbildung zum Nulltarif, Hungerlöhne für Projektarbeit - solche Zustände scheinen für junge Berufseinsteiger und Hochschulabsolventen normal geworden zu sein – ob es nicht auch anders geht, diskutierten Vertreter aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik.

Podiumsgäste:

  • Andreas Schackert, students at work
  • Kai Gehring, MdB, Bündnis 90/ Die Grünen
  • Dr. Hanspeter Schmidt, IHK Leipzig
  • Laurent Joachim, Mitglied der AG Praktikum der Berliner SPD Nordost
  • Lukasz Gadowski, Jungunternehmer »spreadshirt«
  • Moderation:
    Carsten Heckmann, Redakteur der Zeitschrift »Journal« der Universität Leipzig

Bisweilen hitzig haben die Podiumsgäste die Problematik unbezahlter Praktika am vergangenen Mittwoch in der Aula der Alten Nikolaischule diskutiert. Andreas Schackert von students at work bezeichnete die Generation Praktikum als »echtes Problem«. Dagegen polarisierte Jungunternehmer Lukasz Gadowski mit der Feststellung, dass die »Generation Praktikum« lediglich ein »Medienhype« sei. Hans-Peter Schmidt von der Leipziger Industrie- und Handelskammer betonte, es seien noch keine ausreichenden Zahlen vorhanden, die eine verlässliche Aussage über die Lage der Praktikanten ermöglichen. Schmidt unterstrich aber, dass die Region eine »Praktikantenschwemme« erlebe.

Etwa 70 Besucher waren zu der Podiumsdiskussion unter dem Titel »Berufseinstieg in der Endlosschleife? Wie geht es weiter mit der Generation Praktikum« gekommen. Moderiert wurde die Veranstaltung von dem Freien Journalisten Carsten Heckmann. Einleitend hatte Schackert die ersten Ergebnisse der Studie «Praktika von Hochschulabsolventen« vorgestellt. Von den 89 Befragten der Studie wurden etwa 75 Prozent für ihre Arbeit bezahlt, jedoch erhielten nur 16 Befragte mehr als 300 Euro pro Monat.

»Die wirklich guten Absolventen finden einen Job und müssen kein Praktikum einschieben«, so die Überzeugung Gadowskis. Seiner Erfahrung nach sei ein Prakitkum die beste Möglichkeit, Absolventen zu testen. Diese Einstellung stieß insbesondere auf Kritik bei Podiumsgast Laurent Joachim, Mitglied der AG Praktikum der Berliner SPD Nordost und Kai Gehring, MdB, Jugendpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion von Bündis 90/Grünen. Beide plädierten dafür, zum »Ausprobieren« eines Mitarbeiters gäbe es schließlich die Probezeit. Außerdem sollte man davon ausgehen, so Andreas Schackert, dass jeder nach dem Studium in der Lage sei, sich in Aufgaben einzuarbeiten und dass ein Abschluss jedem Studenten ausreichende Fähigkeiten für das Arbeitsleben bescheinige.

Weitestgehend einig waren sich die Podiumsgäste, dass Praktika nicht generell »verdammt« werden sollten. Vielmehr müsse unterschieden werden zwischen Praktika während und nach dem Studium. Während des Studiums seinen Praktika meistens sinnvoll, um den Absolventen Einblicke in das künftige Arbeitsleben zu gewähren. Praktika nach dem Studium führten dagegen häufig dazu, dass Absolventen Arbeiten erledigen, die einer Vollzeitstelle entsprechen, aber nicht dementsprechend bezahlt würden. Solche Beschäftigungen fänden im »rechtsfreien« Raum statt.

Zum Abschluss plädierte Joachim für einen gesetzlichen Mindestlohn für Praktikanten, während Gehring auf die Selbstverpflichtung der Unternehmen setzte. Schmidt betonte, der demographische Wandel werde eine Erholung auf dem Arbeitsmarkt mit sich bringen und Gadowski unterstrich die Praxisferne der Hochschulausbildung und die damit verbundene Notwendigkeit von Absolventenpraktika aus unternehmerischer Sicht.

Am Nachmittag hatte die Absageagentur aus Berlin bereits zahlreiche Studierende in der Beethovenstraße für das Thema Arbeit sensibilisiert. Überdurchschnittlich viele Absagen auf Anzeigen wurde geschrieben, in denen hoch qualifizierte Kandidaten für schlecht bezahlte Praktika gesucht wurden.

 

Der Aktionstag »Berufseinstieg in der Endlosschleife- wie geht es weiter mit der Generation Praktikum?« war eine Kooperationsveranstaltung der Regionalgruppe Leipzig der Kulturpolitischen Gesellschaft, von  powiplus, Freundeskreis Politikwissenschaft Leipzig und dem Bildungswerk Sachsen der Deutschen Gesellschaft.

 

 

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