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RADIOBEITRAG

MUSIKALISCHE URHEBERRECHTE IM DIGITALEN ZEITALTER

von Claus Stäcker auf  MDR Info am 22. November 2006

Anmoderation

Down- und Uploaden, brennen und rippen, tauschen und kopieren – für das Recht am geistigen Eigentum ist das Internet zum vielköpfigen Drachen geworden. Massenhaft wird in Tauschbörsen oder Videoplattformen wie Youtube das Urheberrecht verletzt. Kultur als Eigentum – wem gehört die Musik? Darüber diskutierte gestern bis vor kurz vor Mitternacht in der Oper Leipzig der »Kulturpolitische Salon« – eine hochrangig besetzte Runde, die angesichts der geplanten Neufassung des Urheberrechtsgesetzes mit überraschenden Vorschlägen aufwartete.
Claus Stäcker war dabei.

 

Beitrag

Einig wurde sich die illustre Runde aus Gewandhaus-Manager, GEMA-Vorstand, Musikanwalt, Verbraucherschützer und Kulturwissenschaftler nur in einem Punkt: die derzeit im Bundestag diskutierte zweite Stufe des Urheberrechts, der so genannte Korb 2, mit dem die Rechtefrage im digitalen Zeitalter eigentlich vereinfacht werden soll, macht die Sache für alle Seiten nur noch schwieriger. Die GEMA etwa, die für die Verwertung von Musik jährlich etwa 150 Millionen Euro eintreibt, die Gema befürchtet, dass sich diese Einnahmen der Künstler halbieren würden. Das Bundes-justizministerium hat nämlich vorgesehen, die auf Kopier- und Speichermedien erhobene Gema-Gebühr auf maximal 5 Prozent des Verkaufspreises zu begrenzen. Vorstandssprecher Prof. Jürgen Becker:

O-Ton: »Dagegen wehren wir uns, wir wehren uns gegen solche Restriktionen des Gesetzgebers ...«

Die Verbraucherschützer wiederum kritisieren eine pauschale Kriminalisierung der Nutzer. Waren zum Beispiel irrtümliche Urheberrechts-Verletzungen im ursprün-glichen Gesetzentwurf noch durch eine so genannte Bagatellklausel geschützt, so ist diese Klausel auf Druck der Union gestrichen worden. Nun drohen selbst Laien bei Fehlgriffen im schlimmisten Fall 3 Jahre Haft. - Schon heute verdienen sich Anwälte mit zwielichtigen Schadenersatzforderungen eine goldene Nase, sagt Dr. Evelin Voß von der Verbraucherzentrale Sachsen und unterbreitet den radikal-einfachen Vorschlag einer Kultur-Flatrate:

O-Ton: »Was würden sie dazu sagen wenn ihr Provider ihnen pro Monat 5 Euro abkassiert – per Rechnung und sie dann aus dem Internet herunterladen können was immer sie wollen?«

Eine Idee, gegen die Gema-Vorstandssprecher Becker sofort Bedenken hat:

O-Ton: »Weil es ja doch bedeuten würde, das was ich hineinstelle, in dem Augenblick ist das alles frei erlaubt. Der Autor ist praktisch entrechtet. Sie enteignen den Autor.«

Auch das Gewandhausorchester setzt auf einen anderen Weg: Den LEGALEN Internet-Vertrieb über die Plattform iTunes. Mit dem Universal-Klassik-Label Decca wird nach Auskunft von Gewandhausdirektor Andreas Schulz gerade ein solcher innovativer Vertrag ausgehandelt.

O-Ton: »Das heißt nicht CD-Aufnahmen oder selbst DVD-Aufnahmen, die dann nur in der Tonqualität wiedergespiegelt werden, ins Netz einzustellen, sondern quasi Konzerte – also wie so ne Art Livekonzerte ...«

Der Schweizer Rechtsanwalt Adriano Vigano, im Nebenberuf Musikproduzent, setzt auf das alleinige Verwertungsrecht des Urhebers und die Kraft des freien Marktes. Eine allgemeine Kulturflatrate lehnt er rundweg ab:

O-Ton: »Der Vorschlag eine Flatrate auf den Internetzugang finde ich als Staatsbürger absolut schockierend. Weil die Verteilung beinhaltet, dass jede ihrer Bewegungen auf dem Internet erfasst und dokumentiert wird und das will ich nicht.«

So wird der Vorstoß ausgebremst, bevor er überhaupt an Fahrt gewinnen kann. Wenn diese sechsköpfige Expertengruppe ein Vorgeschmack war, kann man sich das Ringen der Lobbygruppen im Bundestag lebhaft vorstellen. Seit nun schon drei Jahren wird nahezu folgenlos an dem neuen Urheberrechtsgesetz gewerkelt.

 

Abmoderation

Soweit der Bericht von Claus Stäcker hier bei mdr Info.

 

© Claus Stäcker/MDR Info, 22.11.2006.

 

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